Stampfen. Schreien. Shakespeare
von GBG-Online Redaktion
Schauspieler Julius D’Silva besuchte die beiden Englisch-Leistungskurse der Q1
Julius D’Silva ist Schauspieler, spielte unter anderem schon im Shakespeare Globe in London und dem Oxford Playhouse. Er blickt stolz auf die Zusammenarbeit mit der Royal Shakespeare Company und berühmten Theaterproduzenten wie Sir Cameron Mackintosh zurück. Im November des letzten Jahres übernahm er in einer Folge der englischen Fernsehserie „The Crown“ eine Rolle.
Seit einigen Jahren leitet er in Gruppen oder Schulklassen Theaterworkshops, in denen Shakespeare und seine berühmten Werke im Mittelpunkt stehen.
Doch warum gerade Shakespeare? Shakespeare ist doch seit 400 Jahren tot!
Im Jahr 2000 wurde D’Silva zum Kernmitglied des London Shakespeare Workout Gefängnisprojekts, bei dem es darum ging, den Häftlingen britischer Gefängnisse mit Workshops Shakespeare leidenschaftlich näher zu bringen. Er zog persönlich Bilanz aus diesem Projekt: Shakespeare kann Gedanken freisetzen, inspirieren und einem die Tür öffnen für viele Möglichkeiten. Mit der Zeit wurde er ein richtiger Fan. „Shakespeare ist der größte Autor aller Zeiten“, findet Julius D’Silva. An seinem Gefühl und seiner Leidenschaft für Shakespeare möchte Julius D’Silva Schülerinnen und Schüler gerne teilhaben lassen.
„Was wir heute machen, ist nicht irgendein Unsinn, es sind professionelle Theaterübungen“, versprach er eingehend voller Stolz. Diese Übungen machen auch die bekannten englischen Schauspieler. Und dann ging es direkt mit ein paar Aufwärmübungen los, bevor wir an den Text von Shakespeare herangingen.
Die Zettel teilte D’Silva uns nicht jedem einzeln aus, wie wir es aus dem Unterricht mit Frau Reiners gewohnt waren, sondern schmiss den Stapel einmal in die Mitte des Raumes. „So hat jeder schneller ein Blatt“, erklärte er mit einem zufriedenen Lächeln. Frau Reiners nahm sich persönlich vor: „Das werde ich ab jetzt such so machen!“.
Der Prolog von Shakespeares wohl bekanntestem Drama „Romeo und Julia“ ist ein Sonett, mit einem ganz besonderen Rythmus. Für diesen Rythmus wollte Julius uns ein Gefühl geben. Wir stampften und schnipsten diesen Rythmus. Zunächst ungleichmäßig, später im Einklang. „Denkt nicht zu viel darüber nach, was ihr tut. Fühlt den Rythmus!“, gab uns Julius als Tipp. „Es ist wie das Herzklopfen: da-dam, da-dam, da-dam, da-dam, da-dam“, sagte er. Jede zweite Silbe wird betont.
Darüber ließen wir den Inhalt des Stücks natürlich keinesfalls außer Acht: Zwei verfeindete Familien, dessen Kinder sich lieben. Auch innerhalb des Elternhauses von Julia bietet diese Sachlage durchaus ein gewisses Streitpotenzial. „Papa Capulet ist sauer, weil Julia nicht den für sie bestimmten Mann heiraten will“, beschreibt D’Silva die Situation.
Die Streitszene zwischen Julia und ihrem Vater spielten wir ebenfalls nach ein paar vorbereitenden Übungen. Zuerst stellten wir Streitszenen nur mit den Worten „Yes“ und „No“ dar und ohne Worte mimisch und gestisch. Zuletzt legten wir dann den Text von Shakespeare drüber.
Zum Schluss sahen wir uns die Figur Julia und deren Rolle noch etwas genauer an. Jeder von uns bekam einen Zettel, auf dem eine Zeile aus Shakespeares „Romeo und Julia“ stand, die etwas über die Person Julia aussagt. Während wir die Zeile vortrugen, machten wir eine passende Geste in Richtung unserer Julia. Am Ende entstand dann unser Standbild (Foto).
Was für ein Theater! Nach gut zwei Stunden neigte sich der Workshop langsam aber sicher seinem Ende zu, obwohl wir sicher gerne noch ein bisschen mehr Zeit mit Julius verbracht hätten. „Es hat mir sehr viel Spaß gemacht mit euch. Danke für den Enthusiasmus“, schloss D’Silva den Workshop ab. Seine Arbeit und Denkanstöße sowie Inspirationen zu Shakespeare belohnten wir mit tosendem Applaus.
Text: Matthias Dönni, Foto: Lisa Reiners